BWV 486 Mein Jesu, dem die Seraphinen
  
1.
Mein Jesu, dem die Seraphinen
im Glanz der höchsten Majestät
selbst mit bedeckten Augen dienen,
wenn dein Befehl an sie ergeht.
Wie sollten blöde Fleischesaugen,
die der verhassten Sündennacht
mit ihrem Schatten trübe macht,
dein helles Licht zu schauen taugen.
  
2.
Doch gönne meinen Glaubensblicken
den Eingang in dein Eigentum,
und lass mich deine Gnad erquicken
zu meinem Heil und deinem Ruhm.
Reich deinen Szepter meiner Seele,
die sich, wie Esther, vor dir neigt
und dir, als deine Braut, sich zeigt,
sprich: Ja, du bists, die ich erwähle.
  
3.
Sei gnädig, Jesu, voller Güte
dem herzen, das nach Gnade lechzt,
hör, wie die Zung in dem Gemüte:
Gott sei mir Sünder gnädig! Ächzt.
Ich weiß, du kannst mich nicht verstoßen,
wie könntest du ungnädig sein
dem,. Der dein Blut von Schuld und Pein
erlöst, da es so reich geflossen.
  
4.
Ich fall in deine Gnadenhände
und bitte mit dem Glaubenskuss:
Gerechter König, wende, wende
die Gnade zu der Herzenbuß.
Ich bin gerecht durch deine Wunden,
es ist nichts Sträfliches mehr an mir.
Bin aber ich versöhnt mit dir,
so bleib ich auch mit dir verbunden.
  
5.
Ach! lass mich deine Weisheit leiten,
und nimm ihr Licht nicht von mir weg,
stell deine Gnade mir zu Seiten,
dass ich auf dir, du Lebensweg,
beständig bis ans Ende wandle,
damit ich auch in dieser Zeit
in Liebe, Herzensfreundlichkeit
nach deinem Wort und Willen handle.
  
6.
Gib mir die Waffen aus der Höhe
und stärke mich durch deine Macht,
dass ich im Glauben munter stehe,
wenn Stärk und List der Feinde wacht:
So wird dein Gnadenreich auf Erden,
das uns zu deiner Ehre führt
und endlich gar mit Kronen ziert,
auch in mir ausgebreitet werden.
  
7.
Ja, ja! mein Herze will dich fassen,
erwähl es, Herr, zu deinem Thron,
hast du aus Liebe ganz verlassen
des Himmels Pracht und deine Kron,
so würdige mein Herz, o Leben,
und lass es deinen Himmel sein,
bis du, wenn dieser Bau fällt ein,
mich wirst in deinen Schoße heben.
  
8.
Ich steige zu dir auf im Glauben,
in Liebe steige ab zu mir.
Lass mir nichts diese Freude rauben,
erfülle mich nur ganz mit dir.
Ich will dich fürchten, lieben, ehren,
solang in mir das Herz sich regt,
wenn auch dasselbe nicht mehr schlägt,
so soll doch noch die Liebe währen.

Besetzung Continuo
Entstehungszeit 1736
Text Wolfgang Christop Dreßler 1692
Bemerkungen Schemelli Gesangbuch Nr. 121, NBA Nr. 9

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Text provided by Joachim Vogelsänger