BWV 443 | Beschränkt, ihr Weisen dieser Welt |
1. |
Beschränkt, ihr Weisen dieser Welt, die Freundschaft immer auf die gleichen und leugnet, dass sich Gott gesellt mit denen, die ihn nicht erreichen; ist Gott schon alles, und ich nichts, ich Schatten, er die Quell des Lichts, er noch so stark, ich noch zu blöde, er noch so rein, ich noch zu schnöde, er noch so groß, ich noch so klein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein |
2. |
Mein Goel, mein Immanuel, mein Mittler konnte Mittel finden, sich meiner hocherhebten Seel, die ihn herabzog, zu verbinden; mein Salomo, mein Jonathan, mein Bräutigam, mein Gott und Mann kam von dem Himmel auf die Erden, mein Mut und Blutesfreund zu werden, an Leib und Geist, mein Fleisch und Bein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
3. |
Gott, welcher seinen Sohn mir gab, gewährt mir alles mit dem Sohne, nicht nur sein Kreuz, nicht nur sein Grab, auch seinen Thron, auch seine Krone; ja, was er redet, hat und tut, sein Wort, sein Geist, sein Fleisch und Blut, was er gewonnen und erstritten, was er geleistet und gelitten, das räumet er mir alles ein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
4. |
Ich finde Nutzen, Lust und Ehr bei unserm Bund im höchsten Grade; er heischet von mir nichtes mehr als Glauben und ich nichts als Gnade. O wohl der Wahl, die uns gefügt! weg, Reu und Tausch! ich bin vergnügt in ihm und er mit mir zufrieden; drum bleibt bei beiden ungeschieden ein Herz und Mund, ein Ja und Nein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
5. |
Zwar kann er aller Christen Mut mit seiner Liebe sattsam weiden, wir dörfen um dies höchste Gut nicht eifern noch einander neiden; durch Unsern gierigsten Genus erschöpft sich nicht sein Überfluss; so will ich ihm zwar keinen leugnen doch mir vor allen andern eignen. Welt, zank dich um das Mein und Dein, mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
6. |
Mein Freund ist meiner Seelen Geist, mein Freund ist meines Leibes Leben, nach einem, der mich seine heißt, und sonst nach keinem soll ich streben; dem ich mich, der sich mir ergibt, den ich und der mich wieder liebt, von dem ich nicht mehr kann begehren, der mir nichts bessers kann gewähren, dies Licht verblendet allen Schein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
7. |
Ohn ihn ist mir der Himmel trüb, die Erd ein offner Höllenrachen, hingegen kann mir seine Lieb die Einöd selbst zu Eden machen; ohn ihn ist mir, trotz aller Meng, die Weil zu lang, die Welt zu eng. Ich bin, wann Feind und Freunde fliehen, wann sich die Engel selbst entziehen, zwar einsam, aber nicht allein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
8. |
Man nehme alles, was ich hab man gebe mir nichts, was ich heische, man schäl mich aus, man streif mich ab, man zieh mir Kleid und Haut vom Fleische, ja Speis und Trank und was man will: mein Freund bleibt meine Hüll und Füll. Die Welt mag alles mir entrauben, sie lasse mir nur meinen Glauben, so bleibt nichts, eins und alles mein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
9. |
Sein ist mein Leib und meine Seel, die er erschuf und auch erlöste, hie nährt und salbt mit seinem Öl, bis er dort beide ewig tröste; sein ist mein Mut, sein ist mein Sinn, sein ist, mit kurzem, was ich bin, ja, was ich um und an mir habe, ist alles seine Gnadengabe, die macht mich auch vom Undank rein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
10. |
Sein ist mein Werk, sein ist mein Ruhm, Er suchte mich, eh ich ihn fande, ich habe für mein Eigentum sonst leider nichts als Sünd und Schande; doch hat mein Freund auch diese Last zusamt dem Kreuz auf sich gefasst und, meine Feindschaft abzuschaffen, die scharf gebüßte Schuld und Strafen verscharrt in seines Grabes Schrein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
11. |
Sein ist mein Glück und meine Zeit, sein ist mein Sterben und mein Leben zu seinem Ehrendienst geweiht, von ihm bestimmt und ihm ergeben; es kommet, was ich lass und tu, von ihm her und ihm wieder zu. Sein sind auch alle meine Schmerzen, die er ihm zärtlich zieht zu Herzen, er fühlt und ahndet meine Pein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
12. |
Es zürn und stürme jeder Feind, er macht nicht, dass ich viel erstaune, der Richter ist mein bester Freund, drum schreckt mich nicht die Weckposaune; ob Erd und Himmel bricht und kracht, ob Leib und Seele mir verschmacht, wann meine Beine schon verwesen, so wird mein Wahlspruch doch zu lesen noch haften an dem Grabesstein. Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |
Besetzung | Continuo |
Entstehungszeit | 1736 |
Bemerkungen | Schemelli Gesangbuch Nr. 689, NBA Nr. 47 |
Bach Cantata Page Text provided by Joachim Vogelsänger |