BWV 212 Mer hahn en neue Oberkeet
  Bauernkantate
  
1. Ouverture
Violino, Viola, Continuo
  
2. Aria (Duetto) S B
Violino, Viola, Continuo
Mer hahn en neue Oberkeet
An unsern Kammerherrn.
Ha gibt uns Bier, das steigt ins Heet,
Das ist der klare Kern.
Der Pfarr' mag immer büse tun;
Ihr Speelleut, halt euch flink!
Der Kittel wackelt Mieken schun,
Das klene luse Ding.
  
3. Recitativo B S
Violino, Viola, Continuo
Bass
Nu, Mieke, gib dein Guschel immer her;
Sopran
Wenn's das alleine wär.
Ich kenn dich schon, du Bärenhäuter,
Du willst hernach nur immer weiter.
Der neue Herr hat ein sehr scharf Gesicht.
Bass
Ach! unser Herr schilt nicht;
Er weiß so gut als wir, und auch wohl besser,
Wie schön ein bisschen Dahlen schmeckt.
  
4. Aria S
Violino, Viola, Continuo
Ach, es schmeckt doch gar zu gut,
Wenn ein Paar recht freundlich tut;
Ei, da braust es in dem Ranzen,
Als wenn eitel Flöh und Wanzen
Und ein tolles Wespenheer
Miteinander zänkisch wär.
  
5. Recitativo B
Continuo
Der Herr ist gut: Allein der Schösser,
Das ist ein Schwefelsmann,
Der wie ein Blitz ein neu Schock strafen kann,
Wenn man den Finger kaum ins kalte Wasser steckt.
  
6. Aria B
Violino, Viola, Continuo
Ach, Herr Schösser, geht nicht gar zu schlimm
Mit uns armen Bauersleuten üm!
Schont nur unsrer Haut;
Fresst ihr gleich das Kraut
Wie die Raupen bis zum kahlen Strunk,
Habt nur genung!
  
7. Recitativo S
Continuo
Es bleibt dabei,
Dass unser Herr der beste sei.
Er ist nicht besser abzumalen
Und auch mit keinem Hopfensack voll Batzen zu bezahlen.
  
8. Aria S
Violino, Viola, Continuo
Unser trefflicher,
Lieber Kammerherr
Ist ein kumpabler Mann,
Den niemand tadeln kann.
  
9. Recitativo B S
Continuo
Bass
Er hilft uns allen, alt und jung.
Und dir ins Ohr gesprochen:
Ist unser Dorf nicht gut genung
Letzt bei der Werbung durchgekrochen?
Sopran
Ich weiß wohl noch ein besser Spiel,
Der Herr gilt bei der Steuer viel.
  
10. Aria S
Violino, Viola, Continuo
Das ist galant,
Es spricht niemand
Von den caducken Schocken.
Niemand redt ein stummes Wort,
Knauthain und Cospuden dort
Hat selber Werg am Rocken.
  
11. Recitativo B
Continuo
Und unsre gnädge Frau
Ist nicht ein prinkel stolz.
Und ist gleich unsereins ein arm und grobes Holz,
So redt sie doch mit uns daher,
Als wenn sie unsersgleichen wär.
Sie ist recht fromm, recht wirtlich und genau
Und machte unserm gnädgen Herrn
Aus einer Fledermaus viel Taler gern.
  
12. Aria B
Violino, Viola, Continuo
Fünfzig Taler bares Geld
Trockner Weise zu verschmausen,
Ist ein Ding, das harte fällt,
Wenn sie uns die Haare zausen,
Doch was fort ist, bleibt wohl fort,
Kann man doch am andern Ort
Alles doppelt wieder sparen;
Lasst die fünfzig Taler fahren!
  
13. Recitativo S
Continuo
Im Ernst ein Wort!
Noch eh ich dort
An unsre Schenke
Und an den Tanz gedenke,
So sollst du erst der Obrigkeit zu Ehren
Ein neues Liedchen von mir hören.
  
14. Aria S
Flauto traverso, Violino I/II, Viola, Continuo
Klein-Zschocher müsse
So zart und süße
Wie lauter Mandelkerne sein.
    In unsere Gemeine
    Zieh heute ganz alleine
    Der Überfluss des Segens ein.
  
15. Recitativo B
Continuo
Das ist zu klug vor dich
Und nach der Städter Weise;
Wir Bauern singen nicht so leise.
Das Stückchen, höre nur, das schicket sich vor mich!
  
16. Aria B
Corno, Violino, Viola, Continuo
Es nehme zehntausend Dukaten
Der Kammerherr alle Tag ein!
    Er trink ein gutes Gläschen Wein,
    Und lass es ihm bekommen sein!
  
17. Recitativo S
Continuo
Das klingt zu liederlich.
Es sind so hübsche Leute da,
Die würden ja
Von Herzen drüber lachen;
Nicht anders, als wenn ich
Die alte Weise wollte machen:
  
18. Aria S
Corno, Violino, Viola, Continuo
Gib, Schöne,
Viel Söhne
Von artger Gestalt,
Und zieh sie fein alt;
Das wünschet sich Zschocher und Knauthain fein bald!
  
19. Recitativo B
Continuo
Du hast wohl recht.
Das Stückchen klingt zu schlecht;
Ich muss mich also zwingen,
Was Städtisches zu singen.
  
20. Aria B
Violino, Continuo
Dein Wachstum sei feste und lache vor Lust!
Deines Herzens Trefflichkeit
Hat dir selbst das Feld bereit',
Auf dem du blühen musst.
  
21. Recitativo S B
Continuo
Sopran
Und damit sei es auch genung.
Bass
Nun müssen wir wohl einen Sprung
In unsrer Schenke wagen.
Sopran
Das heißt, du willst nur das noch sagen:
  
22. Aria S
Violino, Viola, Continuo
Und dass ihr's alle wisst,
Es ist nunmehr die Frist
Zu trinken.
Wer durstig ist, mag winken.
Versagt's die rechte Hand,
So dreht euch unverwandt
Zur linken!
  
23. Recitativo B S
Continuo
Bass
Mein Schatz, erraten!
Sopran
Und weil wir nun
Dahier nichts mehr zu tun,
So wollen wir auch Schritt vor Schritt
In unsre alte Schenke waten.
Bass
Ei! hol mich der und dieser,
Herr Ludwig und der Steur-Reviser
Muss heute mit.
  
24. Coro S B
Violino, Viola, Continuo
Wir gehn nun, wo der Dudelsack
In unsrer Schenke brummt;
    Und rufen dabei fröhlich aus:
    Es lebe Dieskau und sein Haus,
    Ihm sei beschert,
    Was er begehrt,
    Und was er sich selbst wünschen mag!

Besetzung Soli: S B, Coro: S B, Corno, Flauto traverso, Violino I/II, Viola, Cembalo, Continuo
Entstehungszeit 30. August 1742
Text Christian Friedrich Henrici
Diskussion Aryeh Oron Julian Mincham

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Created by Walter F. Bischof